07.01.2020 | SchneeReport Kühtai-Sellraintal | #4 20/21 Wenig Pulver, viel verspurt, teilweise windbearbeitet

07.01.2020 | SchneeReport Kühtai-Sellraintal | #4 20/21 Wenig Pulver, viel verspurt, teilweise windbearbeitet

Lesezeit: 12 min

Guter Pulverschnee wird weiterhin weniger. Nicht aber wegen Wärme, Wind oder Strahlung – sondern nur mehr durch zunehmende Verspurung. Sonst bleiben die Verhältnisse seit Tagen mehr oder weniger gleich: Windpress, Windbruch, stark verspurte Bereiche und ein bisschen Pulver wechseln sich ab.

 

Gesamtschnee

In Kühtai und den westlichen Sellrainer Bergen liegt inzwischen unterdurchschnittlich viel Schnee für Jänner auf 2000m Höhe.
Am Pitztaler Gletscher präsentiert sich die Schneesituation auf 2800m in etwa gleich wie im Sellrain auf der selben Höhenlage: Es liegt inzwischen durchschnittlich viel Schnee für die Jahreszeit.
Gries im Sulztal passt gut zusammen mit der derzeitigen Schneelage, der durchschnittlichen Schneemenge und den bisherigen Extremwerten in St. Sigmund auf 1.500m: Auf dieser Höhe liegt immer noch deutlich überdurchschnittlich viel Schnee für Anfang Jänner

Fasst man die Situation zusammen, ergibt sich folgendes Bild: In Kühtai und Ochsengarten liegt im Siedlungsbereich unterdurchschnittlich viel Schnee, auf den Bergen dort in etwa durchschnittlich viel für Anfang Jänner. Im zentralen Sellrain liegt im Talbereich (St. Sigmund, Lüsens & Praxmar im Dorf) deutlich überdurchschnittlich viel Schnee und auf den Bergen leicht überdurchschnittlich viel für die Jahreszeit.

Exkurs: Der extrem schneearme Norden und der extrem schneereiche Süden

Im Außerfern gibt es eine stark unterdurchschnittliche Schneehöhe in allen Höhenlagen…
In Osttirol, Südtirol und Kärnten gibt es in gewissen Regionen neue, deutliche Rekordschneehöhen für Jänner. Auf 1.400m in Obertilliach liegt derzeit ca. 190cm Schnee. Mitten im Dorf! Dem halten auch die Dächer im südlichen Osttirol teilweise nicht mehr stand

Neuschnee

Seit Weihnachten praktisch nix – nicht einmal wirklich in kosmetischen Mengen. Mauskniehoch.

Neuschneesumme vom 31.12. – 01.01. laut SNOWGRID (hier abrufbar bei der ZAMG). Ein Südstau, wie man ihn eigentlich kennt – nicht so wie der von Anfang Dezember. Am Hauptkamm noch ein bisschen was, aber in Nordtirol eigentlich nix. Im südlichen Osttirol wieder extreme Neuschneemengen.

Schneequalität

„Pulverpiste“ auf Modetouren

Auf der Lampsenspitze, am Wetterkreuz, am Pirchkogel und am Rietzer Grieskogel gibt es von oben bis unten eine Geländepiste. Dort ist die Schneedecke am Hauptkorridor richtig planiert. Zum Skifahren gar nicht so schlecht. Auf vielen anderen Bergen gibt es durch die unzähligen Befahrungen zumindest abschnittsweise pistenartige Verhältnisse.

Skitourengeherpiste auf der Lampsenspitze: Zum Skifahren besser als stark verspurt…
Skitourengeherpiste auf der Lampsenspitze. Normalerweise ist dieser Bereich unterhalb des Skidepots stark ausgeblasen über den gesamten Früh- und Hochwinter. Die Schneebedeckung durch den Extremschneefall Anfang Dezember – vor allem im Gipfel- und Gratbereich – ist einfach komplett außergewöhnlich heuer.
Skitourengeherpiste im Klammbachtal

Großteils aber schlechte Schneequalität

Am Großteil der Touren findet man aber einen Mix aus Pulver, tragfähigem Windpress, Windbruch und stark zerfahrenen Bereichen – mit Schwerpunkt auf die letzteren zwei.

Die schlechteste Schneequalität durch den Föhnsturm von Ende Dezember gibt es in den drei föhnanfälligsten der zehn Seitentäler der Region Kühtai-Sellraintal: Im Wörgetal, Fotschertal, Senderstal. Und auf allen Bergen die höher als 3000m sind.

Der wenige Pulverschnee (aufbauend umgewandelter, „alter“ Pulverschnee = Recycled Powder) den man noch findet, liegt schattseitig meist auf einer weichen Unterlage und ist damit besser zu fahren als sonnseitig, denn dort liegen die 10 – 20cm Pulver meist auf einer tragfähigen Kruste die man bei jedem Schwung spürt.

Wo der Föhn hingekommen ist: Windpress oder Windbruch

Pulver gab es vor allem zwischen Weihnachten und dem Föhnsturm vom 28.12.. Foto: Skitouren Tirol

Ausblick Schneequalität

Durch die tiefen Temperaturen, die meist trockene Luft und wenig Wind ändert sich die Schneequalität in allen Höhenlagen und Expositionen kaum. Die Strahlung kann die Schneequalität derzeit nämlich nur in Kombination mit höheren Temperaturen verschlechtern. Wir befinden uns immer noch in der Zeit der schwächsten Sonne des Jahres.

Sogar sonnseitig findet man zwei Wochen Schönwetter nach dem letzten, relevanten Schneefall immer noch in allen Steilheiten Pulverschnee. Außer dort, wo die Regenkruste vom 22.12. durch den Föhnsturm freigeblasen wurde, dort findet man sich dann im brüchigen Schmelzharsch wieder. Auch die extrem frequentierten Routen sind in den Abfahrtskorridoren von einer griffigen, harten Oberfläche („Pulverpiste“) gekennzeichnet. Die Aufstiegsspuren sind zwar durch die zahlreichen Begehungen geglättet und nicht ganz so griffig – aber fast nirgends vereist oder extrem rutschig.

So eine Situation gab es im Hochwinter schon lange nicht mehr. Meist wird es sogar im Dezember und Jänner bei mehrtägigem Sonnenschein zumindest so warm, dass in steileren, besonnten Bereichen die Aufstiegsspuren und Abfahrtskorridore der stark frequentierten Routen leicht vereisen da der Schnee um die Mittagszeit kurz oberflächlich schmelzen kann. Momentan schmilzt praktisch nirgends Schnee. Er sublimiert nur durch die kalte, trockene Luft – selbst in steilstem, sonnseitigem Gelände zur Mittagszeit.

Wenn man die Region wie seinen Hosensack kennt, tut man sich leichter, wenig verspurten und vom Wind unbeeinflussten Pulver zu finden. In diesem Fall in der Schei*grube (sic!). Tattn zoagt die Jungen, wia men skifoahrt.

Ausblick

Vor allem schattseitig und im flachen, sonnseitigen Gelände wandelt sich die Schneedecke im oberen Bereich zunehmend aufbauend um. Die Temperatur der Schneeoberfläche liegt ca. 10°C bis 15°C unterhalb der Lufttemperatur – und die Luft auf den Bergen bewegt sich so zwischen -8° und -20°C…

Beispiel Zugspitzplatt: Lufttemperatur -15°C, Schneeoberflächentemperatur -29°C

Das heißt für die Skitouren: Alles bleibt so wie es ist. Die Schneequalität wird sich bis zum nächsten Schneefall nicht verändern wenn es so kalt bleibt. Nur die ein oder andere Abfahrtsspur kommt noch dazu. Man findet damit wenig guten Schnee in der Region. Dafür gibt es wenigstens eine nette, planierte „Piste“ auf den Modetouren.

Tipp für Skitouren mit mehrmaligem Auffellen

Die Felle gehören unter die Jacke reingestopft während der Abfahrt. Wenn man sie in den Rucksack packt, kühlen sie auf Lufttemperatur ab. Die Ski sind in etwa so kalt wie die Schneeoberfläche – also so zwischen -15°C und -30°C. Wenn man jetzt ein eiskaltes Fell auf einen noch kälteren Skibelag draufklebt, kann das vor allem bei einem alten Paar mit nachlassender Klebekraft in die Hose gehen – es hält nicht mehr. Hat man das Fell und damit den Kleber allerdings auf knapp Körpertemperatur erwärmt, zückt es raus und klebt es sofort auf den Ski solang es noch warm ist, machen sie selten Probleme.

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Fotostrecke

Vor dem Föhnsturm

Matzes erste 2.000hm-Tour :)

Die kurzen Tage des Jahres: Wenn die Sonne nur wenige Minuten zum Haus blinzelt.

Nach dem Föhnsturm

Noch einmal, weils so schön & ungewohnt weiß ist: Westseiten Sömen und Roter Kogel
Wir bewegen uns durch den einzigen, lichten Wald der gesamten Region wo es Föhren (Pinus sylvestris) gibt.
Ich kenne neben diesem Wald am Eingang des Klammbachtales mit vielleicht 50 – 100 Föhren gesamt (zwischen Zirben, Lärchen und Fichten), nur noch eine einzelne Föhre im Gleirschtal. Sonst hab ich im gesamten Sellraintal noch nie eine andere Föhre gesehen.

2 Gedanken zu “07.01.2020 | SchneeReport Kühtai-Sellraintal | #4 20/21 Wenig Pulver, viel verspurt, teilweise windbearbeitet

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