Rückblick Saison 2014/15

Lesezeit: 16 min

Wie gewohnt konnten wir heuer die ersten Skitouren, abseits der Gletscher, im Oktober durchführen. Am 24.10. war ich, nach den starken Schneefällen der beiden vorigen Tage, am Hoadl – bei perfektem Pulver:

23.10.2014 am Morgen in St.Sigmund
23.10.2014 am Morgen in St. Sigmund

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24.10.2014 Hoadl
24.10.2014 Hoadl

 

Da auf den ersten, herbstlichen Schneefall meistens wieder ein „Hitzeeinbruch“ folgt, hat sich die Schneedecke in einen tragenden Deckel umgewandelt und man konnte die ersten Firntouren im Gelände machen, wie Ende Oktober am Rietzer Grieskogel:

tragender Harschdeckel
tragender Harschdeckel

Neuerliche Schneefälle Anfang November haben auf einen endgültigen Winterstart hoffen lassen, der jedoch bis Mitte Jänner ausblieb.

8.11. unterwegs zum Gaiskogel
8.11. unterwegs zum Gaiskogel
Basti und Oskar genießen den November-Pulver
Basti und Oskar genießen den November-Pulver

Von Mitte November bis Mitte Jänner hat sich der Winter von seiner schlechtesten Seite präsentiert: Mehrmals Regen bis weit über 2000m und schwankende Temperaturen haben uns der Schneedecke in tieferen Lagen wieder beraubt und uns in höheren Lagen eine verdammt skrupellose – für den Laien kaum einzuschätzende – Lawinensituation beschert. Leider kann man bei einem „Altschneeproblem“, das wir heuer in einer extremen Form von Mitte Dezember bis Ende Feber vorfanden, kaum mehr nach Intuition und Erfahrung entscheiden. Die Risikokalkulation kann praktisch nur mehr auf Wissen basieren bzw. muss man dem Lagebericht voll und ganz Vertrauen schenken. Das heißt für die angesprochene Periode: ALLE Steilhänge zwischen 2000m – 2600m in ALLEN Expositionen, die nicht andauernd befahren werden, meiden. Leider hapert es bei der Umsetzung des Lageberichtes offensichtlich noch bei einer derart starken Ausprägung dieses Lawinenproblems wie im vergangenen Winter.

langsam beginnt sich was unter den Krusten zu verändern...
langsam beginnt sich was unter den Krusten zu verändern…

Aber nicht nur die Lawinensituation hat auf das Gemüt geschlagen, auch durch die Schneearmut waren lange immer nur die gleichen (Gammel-) Touren halbwegs lohnend. Zwar konnte man im November relativ gut den Zwieselbacher oder den Längentaler machen – aber das war es auch dann.

Dafür bietet unsere Heimat auch andere Naturschönheiten außer guten Schnee:

5.12.2014
5.12.2014
Halo am Mugkogel
Halo am Mugkogel

Außerdem sind wir es ja – trotz alljährlicher Summserei – gewohnt, dass sich der Winter zwischen Feber und Juni abspielt. Nicht wie in den Köpfen verankert, zwischen Dezember und März. In größeren Höhen war eigentlich „Winter“ und genug Schnee vorhanden. Was es im Tal herunterregnete, kam oben natürlich als Schnee daher. Außerdem bringt der Regen auch ein paar schöne Seiten mit sich:

positive Regenauswirkungen
Autoscheibe am 19.12.
Kraspestal am 19.12.
Kraspestal am 19.12.

Die negativen Auswirkungen der Temperaturschwankungen auf die Schneedeckenstabilität erreichten ihren Höhepunkt ab Ende Dezember:

snowprofile_1398Anfang Jänner war die Situation am schlimmsten: Setzungsgeräusche, Rissbildungen und Fernauslösungen standen am täglichen Programm – Touren im flachen bzw. häufig befahrenen Gelände waren angesagt. Anstatt der ersten lässigen Runden konnte man sich die Aktivität im Freien mit Schneeprofilschaufeln „versüßen“ und sich über den Aufbau der Schneedecke Gedanken machen.

schattseitig, hab an der Bruchfläche noch herumhantiert, bevor ich das Foto gemacht hab. sie war nicht gestuft, sondern regelmäßig
am Fotscher Windegg Anfang Jänner

Die Krusten der Regenereignisse vom Dezember kamen immer wieder oberflächlich zum Vorschein, da der Wind ebenfalls ein Thema war:

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Praxmar im Jänner
Praxmar im Jänner
Blick durch das Gleirschtal nach St.Sigmund Mitte Jänner
Blick durch das Gleirschtal nach St. Sigmund Mitte Jänner

Am 15.1. hat sich das Wetter umgestellt, endlich konnte kalte Luft in Richtung Mittelmeer vordringen und uns nennenswerte Neuschneemengen bescheren. Auch die Belastungstests brachten langsam bessere Ergebnisse:

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man erkennt den Riss gut

Die Schneefälle hatten auch lässige Pulverschwünge im Gepäck, obwohl versteckte Steine noch sehr lange ein Thema waren:

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im Schöntal
im Schöntal. Walter und Gerhard zeigen den perfekten Skistil
Kreuzjoch
Kreuzjoch
nur der Wind war wie oft im Winter der Spielverderber - Pirchkogel
nur der Wind war, wie so oft im Winter, der Spielverderber – Pirchkogel

Mitte Feber brachte uns längeres Schönwetter, vor allem südseitig, sichere Verhältnisse und den ersten Firn:

17.2.
Alex rockt die firnige Rinne am 17.2.

Für einige Tage gab es wirklich guten Firn und dazu musste man nicht früh unterwegs sein. Außerdem konnte man, je nach Vorliebe, noch genug Pulver finden.

Ende Feber kam – der inzwischen wieder längst überfällige – Neuschnee, teils in rauen Mengen und noch dazu ohne Windeinfluss. Langsam konnten wir die ersten, langen Runden durchführen und an steilere Abfahrten denken.

lockerer Pulver auf der Schöntalspitze Ende Feber
lockerer Pulver auf der Schöntalspitze Ende Feber
Markus wühlt sicch dem Winnebacher entgegen
Markus wühlt sich dem Winnebacher entgegen
für mich eines des schönsten Bilder, die ich je gemacht hab: Villerspitzen und mittig dahinter der Venediger
für mich eines des schönsten Bilder, das ich je gemacht hab: Villerspitzen und mittig dahinter der Venediger
endlich abgeschlossen :) alle knappe 600hm lang 1: 10.3.2015, 42°|48° 2: 16.3.2015, 43°|49° 3: 11.3.2013, 41°|47° 4: 26.2.2014 38°|46° 5: 8.5.2012, 45°|50° 6: 13.3.2013, 40°|46°
endlich abgeschlossen :)
alle knappe 600hm lang
1: 10.3.2015, 42°|48°
2: 16.3.2015, 43°|49°
3: 11.3.2013, 41°|47°
4: 26.2.2014 38°|46°
5: 8.5.2012, 45°|50°
6: 13.3.2013, 40°|46°

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Aria die Steilrinnenbefahrerin
Aria die Steilrinnenbefahrerin

Nicht unerwähnt bleiben darf die „Inzinger Haute Route„, die wir am 13.3. wiederholen konnten. Einfach eine tolle Runde in einer, im Winter, kaum frequentierten Ecke der Stubaier Alpen, sowie auf besonders schöne Hausberge kombiniert mit rassigen Anstiegen und steileren Abfahrten.

Neben viel Pulver hatte der März auch Firn zu bieten:

IMG_8805Heuer im März und April auffällig: Ich war kaum auf unseren höheren Bergen unterwegs. Bei guten Verhältnissen hab ich andere Projekte abgehakt und den Bergen über 3000m weniger Beachtung geschenkt.

In den ersten Apriltagen schließlich Sturm und Neuschnee – viel Neuschnee. Nachdem St. Sigmund-Dorf bereits komplett ausgeapert war (nach genau zwei Monaten, Mitte Jänner bis Mitte März, mit geschlossener Schneedecke – wohl ein neuer „Negativrekord“ ) kam bis 7. April wieder einiges vom Himmel:

war schön grün hier Ende März
war schön grün hier Ende März
3.4.2015 Sonnberg endlich weiß
3.4.2015 Sonnberg endlich weiß
3.4. Inntal
3.4. Inntal
Zischgeles
3.4. Zischgeles

Dabei besonders hervorzuheben:

Am 5.4. – während es im Inntal den ganzen Tag wechselnd bewölkt war und sich die Sonne gezeigt hat bzw. es in weiten Teilen Tirols nur leicht gefuselt hat – gab es im Sellrain, genauer zwischen Kematen Eingang Schlucht und Kühtai, starken Schneefall über den ganzen Tag!

An diesem Tag hat es bei uns 30cm geschneit, während ganz Tirol praktisch leer ausging. Vermutlich ein einmaliges Erlebnis, entstanden aus einer schwachen Nordostströmung, die die feuchte Luft genau über das Seefelder Plateau bis über den Kamm Rietzer-Rosskogel gedrückt hat und so einen lokal begrenzten Staueffekt mit sich brachte.

Neuschnee vom 5.4. in St.Sigmund
Neuschnee vom 5.4. in St.Sigmund
Im Inntal schien den ganzen Tag die Sonne
5.4. Im Inntal schien den ganzen Tag die Sonne

5.4. Windrichtung lokaler, extremer STaundiederschlag NUR NUR NUR im Sellraintal

Niederschlagsintensität vom 5.4. Vormittag, war über 24 Stunden das selbe Bild
Niederschlagsintensität vom 5.4. Vormittags. War über 20 Stunden das selbe Bild am Radar

 

50cm Neuschnee von Ende März bis Anfang April in Staffeln, inkl. Setzung
50cm Neuschnee von Ende März bis Anfang April in Staffeln, inkl. Setzung

Durch die tagelang kalte Luft, die Neuschneemengen und den Sturm gab es gute Sprengerfolge und kurzfristig – lawinenmäßig – eine reine Hochwintersituation. Zurückhaltung in steilen, schattigen Hängen war wieder angebracht.

Sprengerfolg am Hochwanner
Sprengerfolg am Hochwanner
Unfalllawine vom 8.4. Gaiskogel
Unfalllawine vom 8.4. Gaiskogel

Am 9.4. kam wieder wärmere Luft bei uns an und es war selbst in Schattenhängen vorbei mit dem Pulver.

9.4.
9.4. Martin genießt die letzten Pulverreste in steilen Nordhängen

Das Frühjahr war nicht aufzuhalten:

auch Markus war in Sachen Bekleidung nicht mehr zu bremsen
auch Markus war in Sachen Bekleidung nicht mehr zu bremsen

Es stellte sich eine klassische Firnsituation ein: Früh unterwegs zu sein, war Mitte April das A und O. Außerdem gab es wieder starke, spontane Lawinenaktivität. Die erste Hitzewelle hatte uns erreicht. Zwar hätte man einige steile Abfahrten in diesen Tagen realisieren können, doch die Motivation war bei mir ausnahmsweise nicht vorhanden und ich hab nur „Standard-Firntouren“ gemacht.

Hochreichkopf
Hochreichkopf

IMG_0294Dafür gab es Ende April eine sehr seltene Situation: Kühle Temperaturen und eine sehr niedrige Luftfeuchtigkeit ließen den Harschdeckel von Tag zu Tag dicker werden, ohne ihn an jedem Tag gänzlich durchzuweichen. Dadurch konnte man nach einigen Tagen der „Harschdeckelakkumulation“ problemlos ganztags unterwegs sein, man wäre kaum durch den Deckel durchgebrochen oder hätte am Nachmittag Angst vor spontanen Lawinen haben müssen. Der Deckel wurde teils über 30cm dick! Ich hab in dieser Zeit – durch ein Motivationsloch für lange Touren – einige, sehr lässige, steile Abfahrten abgehakt. Auch die Schneequalität war, neben den sicheren Verhältnissen, der Hammer.

Rinnenabfahrt bei bestem Firn

Pulver
Pulver

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von der Seite schaut das ganze ganz schön wild aus...
von der Seite schaut’s fast extrem aus

Doch die Skitragerei muss natürlich auch irgendwann beginnen, selbst, wenn man auf 1540m wohnt. Damit beginnt meist die ruhigste Zeit auf den heimischen Bergen…

IMG_0556Anfang Mai schließlich eine erste feucht-warme Periode: Keine einzige „Strahlungsnacht“, +5°C auf 2900m, Regen und hohe Luftfeuchtigkeit haben die Tourenverhältnisse stark eingeschränkt. Das Hauptproblem dabei: Der bremsende, feuchte Schnee an der Oberfläche. An solchen Tagen bleibt man am besten auf Pisten, sofern man was von der Abfahrt haben will.

Bis zum 15.5. konnte man dem Schnee beim Abschmelzen zuschauen: Aus Murgräben, wo normalerweise nur nach starken Gewittern Bäche herunterschießen, kamen Schmelzwasserströme. Die Temperatur sank in der Nacht auf 2000m teilweise nicht unter +10°C.

Mitte Mai gab es einzelne „Strahlungsnächte“.  So konnte man wieder lässige Touren machen, z.B. den Großglockner am 11. Mai.

verblasene Zuckerhaufen auf einem Firnspiegel am Ködnitzkees
verblasene Zuckerflecken auf einem Firnspiegel am Ködnitzkees
sommerfeste Schneeoberfläche Mitte Mai
sommerfeste Schneeoberfläche Mitte Mai

 

Ende Mai wurde es noch schlimmer wie zu Beginn des Monats: Schmudlwetter mit warmen, sonnigen, schwülen Tagen und dazu bedeckte Nächte mit Gewittern. Oben gab es zwar einiges an Neuschnee, leider verwandelte sich dieser schnell zu schwerem Sulz, der die Freude am Skifahren gegen Null sinken ließ.

gut erkennbar: Alt- und Neuschnee. Ende Mai am Gaiskogel
gut erkennbar: Alt- und Neuschnee. Ende Mai am Gaiskogel
Oben wieder weiß
Oben wieder weiß
zischenden Firn gab es selten
zischenden Firn gab es selten wie hier am Südlichen Sonnwandferner
dafür präsentierte sich die Berglandschaft kurzfristig wieder hochwinterlich wie hier Ende Mai vom Sulzkogel aus
dafür präsentierte sich die Berglandschaft kurzfristig wieder hochwinterlich, wie hier Ende Mai vom Sulzkogel aus

 

Die Situation Anfang bis Mitte Juni war recht durchwachsen und die Temperaturen wollten auch nicht auf ein Ski-freundliches Niveau sinken. Oberhalb von 3000m fand man immer noch den bremsenden Sulz. Außerdem gab es durch die Murkatastrophe in Sellrain andere Prioritäten.

der Wahnsinn: Anstieg der Melach innerhalb kürzester Zeit nach dem Starkregen vom 7.6. Abends
der Wahnsinn: Anstieg der Melach innerhalb kürzester Zeit nach dem Starkregen vom 7.6. abends

Anhand der Fotos von Lukas – aufgenommen in Igls – sieht man gut, wie kleinräumig das Gewitter gewütet hat. In St. Sigmund gab es ein „normales“ Gewitter, in Sellrain das Weltuntergangsszenario – in Igls hat es nur kurz getröpfelt:

2015-06-07 Igls [Lukas Neugebauer] (1)

Blitzeinschläge zwischen Kögele, Rosskogel und Rangger Köpfl
Blitzeinschläge zwischen Kögele, Rosskogel und Rangger Köpfl am 7.6.

Nur vereinzelt gingen sich, zwischen den Bergtouren, noch lässige Skitouren mit Sommerfirn aus.

Ende Juni hätte es noch einige Tage mit guten Skibedingungen gegeben – die meinerseits nicht genutzt wurden. Vielleicht schau ich in diesem Sommer ein paar mal in Richtung Gletscher, um die Saison entsprechend ausklingen zu lassen.

Eines sollte man nicht vergessen: Auf unsere (meist verregneten oder viel zu heißen) Sommer folgt wieder der nächste Winter ;-)

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