30.8.2015 | Stubaier Höhenweg Non-Stop

30.8.2015 | Stubaier Höhenweg Non-Stop

Lesezeit: 17 min

Nachtrag:

HIER die Seite von Gleirscher Christian aus Neustift, der die Runde 2009 in unter 18 Stunden gelaufen ist. Er spricht von starken Knieproblemen am Ende der Tour – zum Glück haben wir es gemütlicher gemacht und Stöcke verwendet – wie gesagt, das revanchiert sich unendlich. Er gibt auch Infos zum vier mal durchgeführten Staffelmarathon (80er und 90er Jahre) auf der selben Strecke (Gesamtzeiten unter 9 Stunden!!)


Bei der Sellrainer Hüttenrunde hab ich zum ersten mal geschaut, wie es mir bei richtig weiten Touren so geht. Den Stubaier Höhenweg hatte ich dabei schon in Hinterkopf, aber ich hab nicht geglaubt, dass ich ihn schaffe. Da aber die Hüttenrunde kein Problem war und ich dabei erkannt hab, dass ich mit der Muskulatur mittlerweile soweit bin, dass – bei genügend Energiezufuhr – mittlerweile eher geistige Ermüdung der limiterende Faktor ist, rückte der Stubaier mehr in den Vordergrund. Ohne Richis Bericht vom Juli 2013, wo er ihn allein in knappen 24 Stunden gemacht hat, wäre ich wahrscheinlich ohnehin nie auf die Idee gekommen. Kurz nach der Hüttenrunde hat sich Richi auch bei mir gemeldet, ob wir ihn nochmal zusammen machen wollen – hab aber abgesagt, da mir das zeitlich zu knapp zusammen war und die Reibstellen auch erst verheilen mussten.

Bei dem perfekten Wetter momentan und weil ich Freitag und Samstag ganz gemütlich in der Feuerwehrschule verbracht hab, hab ich mir gedacht, jetzt oder erst wieder im nächsten Jahr (Mitte September sind die Nächte dann wirklich zu lang). Richi war auch zu motivieren und wir sind am Sonntag um kurz nach 2 Uhr früh beim M-Preis in Neustift gestartet. Die Temperatur war für mich in der Nacht ideal in kurzer Hose und Leibele. Auf die Starkenburger hinauf sind wir einmal im Wald falsch abgebogen und haben dadurch zehn Minuten vergeudet. Oberhalb der Waldgrenze konnten wir durch den Vollmond den Großteil über Seejöchl bis zur Seeducker Hochalm ohne Stirnlampen gehen. Die Stimmung war einmalig, man kann sie kaum beschreiben. Ein einzigartiges Erlebnis, bei der Helligkeit, den wandernden Mond-Schatten und den derart warmen Temperaturen mitten in der Nacht über ein Steiglein, in Gedanken über den bevorstehenden Tag, dahinzulaufen. Über Franz Senn Hütte, Schrimmennieder, Regensburger (dort kurzes Gespräch mit Hüttenwirt Thomas, der uns sofort verpflegt hätte), Grawagrubennieder, Egnesennieder bis zur Dresdner lief es gut dahin: Im Aufstieg haben wir uns gegenseitig immer ein angenehmes (aber für die Strecke wohl doch flottes) Tempo vorgelegt und bei den Abstiegen und den Flachpassen ging es meist im Laufschritt dahin.

Bei der Dresdner (etwa die Hälfte der Strecke) wollten wir uns ein Magnum-Eis gönnen, das aber leider „ausverkauft“ war. Egal, wir hatten ja genug zu Essen (oder wie Richi immer wieder betont hat: Bei den Mengen, die man bei so einer Runde verdrücken muss, kann man fast nur mehr von „Fresserei“ sprechen.) Vorbei an den höchsten Stubaiern ging es – mittlerweile in der Mittagshitze – auf das Peiljoch, weiter zur Sulzenau Hütte, auf das Niederl und zur Nürnberger. Auf den Westhängen zum Simmingjöchl hatte ich am Nachmittag dann ein richtiges Tief, bin in der Hitze kaum mehr vorangekommen und die Motivation ähnelte einer Grenzwertfunktion gegen Null. Auf der Bremer Hütte haben wir kurz mit dem Wirt gesprochen und er hat uns ein großes Cola spendiert. Ein Wahnsinn, wie das Zuckerwasser eingefahren ist. Innerhalb von zwei Minuten war ich wieder hellwach und hab mich topfit gefühlt. Die Konzentration hat wieder einen Quantensprung nach oben gemacht. Da merkt man erst, was das für „Bomben“ sind, die man sich so im Alltag in die Figur haut. Neu-beflügelt haben wir so den psychisch anstrengendsten Teil auf die Innsbrucker Hütte hinter uns gebracht. Die Sache zieht sich in die gefühlte Ewigkeit. Hier hab ich kurz die Außenbänder von beiden Knien gespürt, was sich aber wieder gelegt hat. Richi hat diesen Abschnitt vor zwei Jahren in der Dunkelheit gemacht, ohne richtige Stirnlampe. Dieses Geduldsspiel kann man wahrscheinlich erst nachvollziehen, wenn man den Abschnitt selbst gegangen ist. Auf dem höchsten Punkt, genau wo man zum ersten mal die Innsbrucker Hütte sieht, mussten wir wieder die Stirnlampen aktivieren und hatten „nur“ mehr Abstiegshöhenmeter vor uns. Bei der Innsbrucker Hütte wurden wir auch herzlich empfangen – nach der Aufklärung, warum wir zwei Spinner jetzt noch mit Stirnlampen daherkommen. Von Suppe bis zu einem warmen Essen und einem Tee wurde uns alles angeboten. Haben aber nur zwanzig Minuten mit dem Wirt über den Höhenweg gesprochen und unsere eigenen, letzten Vorräte hinuntergeschlungen. Die Anerkennung, die man für dieses Vorhaben bekommt, gibt einem dann nochmal den letzten Motivationstropfen um die „Reise“ durch das Pinnis bis nach Neustift anzutreten – das Wieder-Aufraffen bei der Hütte war aber eine zache Angelegenheit. Teils laufend sind wir also vorbei an Karalm, Pinnisalm und Issangeralm hinaus über den ewig-langen Forstweg bis nach Neder. Von Neder nach Neustift sind wir „joggend“ (langsam wurde der ganze Stützapparat so steif, dass man die Füße kaum mehr heben konnte) über den Radl-Spazierweg neben der Ruetz und waren nach 21 Stunden und 39 Minuten wieder bei den Autos. Am Ende war uns die Erleichterung aber vor allem auch die Freude über das Vollbrachte perfekt anzumerken.

Ich hab noch den – im Auto wartenden – Nussstrudel gegessen und nach der Badewanne zu Hause (fein!) bin ich ganz genau 24 Stunden nach dem Weckerläuten ins Bett gekrochen (für’s „Hineinfallen“ war die Energie nicht mehr vorhanden).

Bericht von Richi hier


Meine Uhr hat 5720 Höhenmeter zusammengerechnet (barometrisch). Da sie die Mini-Aufstiege auf den flachen Passagen aber nicht richtig erfasst, dürftens in diesem Fall wirklich mehr sein (normal zeigt sie immer zuviel an). Der Outdooractive Routenplaner spricht von 6040hm. Ich kann nur sagen, dass dieser Planer bei anderen Touren sehr, sehr genau ist und die Höhenmeter (lustigerweise aber nicht die Absolut-Höhen) immer exakt passen, wenn man es mit den „händisch“ ausgerechneten Höhenmetern aus der Karte vergleicht. Leider kann man das in diesem Fall ja nicht wegen den Auf und Ab’s an den „kilometerreichen“ Steigen selbst ausrechnen. Die offizielle Seite zum Höhenweg spricht von 8000 Höhenmeter, was sicher nicht stimmt. Auf der anderen Seite ist es ja auch egal, irgendwas bei 6000 Höhenmeter +/- 5% werden’s schon sein – bei der Runde sind sowieso die Kilometer ausschlaggebend und zehren wesentlich mehr als die Höhenmeter.


Allgemeines

Stöcke: unmöglich sowas ohne zu machen, zumindest für mich. Außerdem ist man im Aufstieg, bei gleicher Anstrengung, um einiges schneller.

Kompressionssocken: Ich bin mittlerweile davon überzeugt.

Hitze: Wie bei der Hüttenrunde wieder vorteilhaft, vor allem in der Nacht. Habe die ganze Runde weder ein Leibele gewechselt, noch die Jacke angezogen – nie!

Verpflegung: bei mir 1 Wecken Schwarzbrot. 14 Corny Big Riegel. 1 Mannerschnitte. 2 Milka Tender. 2 Balisto. 0,5l Cola auf der Bremer Hütte. ca. 13 – 15l Wasser (Auffüllmöglichkeiten immer genug)

Pausen: wichtig, wenn man in den Tagen danach noch „Gehen können“ will. Vor allem regelmäßig, aber nicht zu lang. Richi als Routinier in langen Touren geht sehr überlegt heran und macht auch Pausen und isst etwas, wenn man sich nicht danach fühlt bzw. nicht hungrig ist – was sich aber sehr revanchiert gegen Ende der Tour.

Mittlerweile müsste es mindestens fünf Leute geben, die den gesamten Höhenweg in einem Tag gemacht haben.


Die größte Herausforderung ist einfach die Geduld (wie gesagt, die Muskeln arbeiten, bis die Energiezufuhr unterbricht und machen demnach kaum mehr Probleme), also die psychische Seite. Zu zweit motiviert man sich sicher wesentlich besser, zieht den anderen mit. Schwer zu sagen, ob ich’s alleine durchgezogen hätte, aber ich glaube, eher nicht. Körperlich war ich z.B. bei der Ruderhof-Schrankogel-Runde vor einem Jahr wesentlich fertiger zum Ende hin.

Gelenke und Stützapparat haben mir praktisch keine Probleme gemacht (nur kurz die Bänder zwischen Bremer und Innsbrucker, was aber wieder aufgehört hat) und ich spüre jetzt – einen Tag danach zu Mittag – auch nichts. Die Muskeln in den Füßen sind auch vollkommen unengeischränkt. Nur zwischen den Schulterblättern merke ich je einen Muskel von den Stöcken und auf den Fußsohlen habe ich je eine kleine Blase (Pinnistal). Ist schon der Wahnsinn, wie schnell man sich köperlich erholt. Dafür sind die Speicher leer, und das merke ich an der Müdigkeit/Schlaffheit. Der Höhenweg ist einfach mehr eine psychische als physische Herausforderung.

 

bei der Starkenburger
bei der Starkenburger
Dämmerung hinter der Serles
Dämmerung hinter der Serles
am Weg ins innere Oberbergtal
am Weg ins innere Oberbergtal
Franz Senn
Franz Senn
gleich am Schrimmennieder
gleich am Schrimmennieder
Hohe Villerspitze bis Schaldersspitze
Hohe Villerspitze bis Schaldersspitze
Blick Richtung Hauptkamm - Freiger
Blick Richtung Hauptkamm – Freiger
gleich bei der Regensburger
gleich bei der Regensburger
Grawagrubennieder in Sicht
Grawagrubennieder in Sicht

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Paff, Hütl, Pfaffenschneid
Paff, Hütl, Pfaffenschneid

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Freiger
Freiger
Blick ins Falbesoner Tal vom Grawagrubennieder
Blick ins Falbesoner Tal vom Grawagrubennieder
Grawagrubennieder
Grawagrubennieder
nach Süden
nach Süden
bei der Dresdner
bei der Dresdner
kurz vom Peiljoch
kurz vom Peiljoch
vom Peilhoch in die Ruderhof
vom Peilhoch in die Ruderhof
erstaunlicherweise wenig ausgeapert der direkt südseitige Ferner unterhalb dem Ruderhof-Gipfel
erstaunlicherweise wenig ausgeapert: der direkt südseitige Ferner unterhalb des Ruderhof-Gipfels
Baustelle bei der Dresdner
Baustelle bei der Dresdner
Stubaier Wildspitz, Östlicher Daunkogel
Stubaier Wildspitz, Östlicher Daunkogel
Fernerstube, Sulzenauferner
Fernerstube, Sulzenauferner
in Richtung Sulzenauhütte
in Richtung Sulzenauhütte
Sulzenauhütte
Sulzenauhütte
weiter zum Niederl, rechts der Freiger
weiter zum Niederl, rechts der Freiger
Grünausee
Grünausee
Feuersteine
Feuersteine
unten schaut das Dach der Nürnberger heraus, hinten rechts das Simmingjöchl
unten schaut das Dach der Nürnberger heraus, hinten rechts das Simmingjöchl
Blick zurück zur Starkenburger + Seejöchl
Blick zurück zur Starkenburger + Seejöchl
Nürnberger
Nürnberger
über Gletscherschliff geht es auf die andere Talseite
über Gletscherschliff geht es auf die andere Talseite

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am Simmingjöchl, im Bild der Simmingferner
am Simmingjöchl, im Bild der Simmingferner
Blick zurück
Blick zurück
durchs Gschnitz hinaus
durchs Gschnitz hinaus
Bremer Hütte
Bremer Hütte
wieder durchs Gschnitz hinaus
wieder durchs Gschnitz hinaus
Glättespitze, Habicht
Glättespitze, Habicht
Tribulaune
Tribulaune
interessante Felsabbrüche an der Weißwand
interessante Felsabbrüche an der Weißwand
höchsten Zillertaler
höchsten Zillertaler
ständiges auf und ab am Weg zur Innsbrucker Hütte
ständiges auf und ab am Weg zur Innsbrucker Hütte
letzte Sonnenstrahlen am Pflerscher Tribulaun
letzte Sonnenstrahlen am Pflerscher Tribulaun
Habicht
Habicht
Tuxer
Tuxer
Olperer, Fußstein
Olperer, Fußstein

Übersichtsbilder:

 

drauf drauf2 drauf4 Routenplanung mit dem outdooractive-Tourenplaner - Mozilla Firefox 31.08.2015 103253

Vergleich mit Sellrainer 24 Stunden Marsch
Vergleich mit Sellrainer 24 Stunden Marsch
Vergleich mit Sellrainer Hüttenrunde
Vergleich mit Sellrainer Hüttenrunde

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Ort Ankunft Dauer vom letzten Punkt (Pausen abgezogen) Pause in Minuten ca.
Neustift M-Preis 02:11
Starkenburger Hütte 03:55 1h 44‘ 5
Seejöchl 04:36 36‘
Seeducker Hochalm 10
Franz Senn Hütte 07:08 2h 22‘ 10
Schrimmennieder 08:40 1h 22‘ 10
Neue Regensburger Hütte 09:18 28‘ 10
Grawagruabennieder 10:27 58‘ 10
Tiefster Punkt vor Egnesennieder (Wilde Grube) 10
Egnesennieder 12:18 1h 41‘
Dresdner Hütte 12:33 15‘ 20
Peiljoch 13:23 30‘
Sulzenau Hütte 13:57 34‘ 10
Niederl 15:00 53‘ 10
Nürnberger Hütte 15:30 20‘ 5
Simmingjöchl 16:51 1h 16‘ 10
Bremer Hütte 17:32 31‘ 15
Pausen zwischen den beiden 15
Innsbrucker Hütte 21:06 3h 17‘ 20
Neustift M-Preis 23:40 2h 24‘
Gesamt: 21h 39‘ 2h 50‘
6040hm 73km

 

Noch ein paar Spielereien:

PDF-Tourenplanung

KML-File (Google Earth)

GPX-File

8 Gedanken zu “30.8.2015 | Stubaier Höhenweg Non-Stop

  1. Als ehemalige Bergläuferin bewundere ich eure Leistung. Passt aber auf euren Körper auf damit ihr auch später noch Freude am Laufen habt.

    • Hallo Veronika,

      ja, stimmt.
      Darum laufe ich auch nichts sonst. Keinen einzigen Meter. Ich gehe lieber steil bergauf als halbsteil oder flach zu laufen, weil es mir nicht taugt.

  2. Hut ab, Megaleistung hab mir Gedacht dass der Richi zur Zeit der einzige ist der so stark im Kopf ist und das durchsteht
    Gruß Bernhard

  3. Als Vorstandsmitglied der Gemeinschaft Stubaier Höhenweg kann ich nur meinen allergrößten Respekt aussprechen! Bravo Mander

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