Erfahrungen | Kreuzbandriss und OP | Vorderes Kreuzband

Erfahrungen | Kreuzbandriss und OP | Vorderes Kreuzband

Lesezeit: 46 min

Im März 2020 habe ich mir mein Vorderes Kreuzband im rechten Knie gerissen und gleichzeitig das Innenband eingerissen. Ohne Begleitverletzungen und mit unbeschädigten Menisken. Im Juli 2020 wurde es operiert. Darum hier eine weitere Perspektive für Leidenskollegen zur Diagnose „Ruptur VKZB“.

Hinweis: Der Artikel ist sehr lang und ausführlich. Darum hier ein Inhaltverzeichnis – mit Klick kann man direkt zum jeweiligen Kapitel springen.

 

Haftungsausschluss

Alle Angaben beziehen sich auf meinen Heilungsverlauf nach einem Kreuzbandriss. Ich empfehle ausdrücklich, nicht die Vorgaben des behandelnden Arztes zu missachten!

Meine Person

174/70 kg – 27 Jahre zum Zeitpunkt des Unfalls

Ich lebe direkt (Führungstätigkeit) und indirekt (Blog, journalistische Tätigkeit, Autor, Vorträge, …) vom Bergsport. Daheim bin ich im Sellraintal in Tirol auf einer Seehöhe von 1.530m in einem 150-Seelen-Dorf. Ich arbeite auch in der Gastwirtschaft und in der Berglandwirtschaft meiner Familie.

In erster Linie gehe ich exzessiv Skitouren. Im Sommer Paragleiten, Berglaufen und Bergsteigen.

Sportliche Aktivität: durchschnittlich 250.000 Höhenmeter im Aufstieg pro Jahr. Für alle die mit Bergen nichts am Hut haben: Das sind ca. 140 Skitouren pro Saison und 50 Bergtouren pro Sommer – also knapp an jedem zweiten Tag in den Bergen unterwegs. Größenordnung je nach Jahreszeit von zehn bis 20 Stunden Sport pro Woche.

Ich habe nie an Wettkämpfen teilgenommen, mache keinen Ausgleich zu meiner sportlichen Tätigkeit, keine Übungen und esse einfach nur das, was zuhause auf den Tisch kommt – abwechslungsreich, fleischbetont.

Ich habe bereits einige „Ultra-Touren“ in einem Stück als Skitour und im Berglauf hinter mich gebracht: mit bis zu 85 Kilometern und 7000 Höhenmetern im Aufstieg.

Meine Meilensteine und Eckdaten im Zeitverlauf

Schiene (Orthese) & Krücken

  • Wie lange mit Krücken und Schiene (Orthese) nach der Kreuzband-OP? – Bei mir 13 Tage.
  • Wie lange mit Proxen (Schmerzmittel) behandelt nach der Kreuzband-OP? – Bei mir 3 Tage, dann selbstständig abgesetzt.

Krankenhausaufenthalt

  • Wie lange im Krankenhaus nach der Kreuzband-OP? – Bei mir 2 Tage.

Schmerzen

  • Beim Riss: Gar keine, ich habe den Riss nicht gespürt, nur gehört. Leichte Schmerzen einige Stunden bis Tage nach dem Riss mit Entzündung und Schwellung im Knie.
  • Nach der OP: Keine Schmerzen. Nur die Bohrkanäle in den Knochen haben beim Aufstehen zwei Wochen gepocht wenn der Blutdruck in ihnen gestiegen ist. Die Entnahmestelle der Sehne „zieht“ ein paar Wochen bei starker Bewegung. Beim Bergabgehen nach 8 Wochen gibt es mir immer wieder einen leichten Stich hinter der Patella. In meiner Welt sind das aber keine Schmerzen, denn die fühlen sich anders an. Richtige Schmerzen hatte ich nur, wenn der Physiotherapeut „grob“ war.

Instabilitäten/Giving-Way

  • Ich hatte weder unmittelbar nach dem Kreuzbandriss noch in den drei Monaten zwischen Riss und OP irgendwelche Instabilitäten.
  • Dafür habe ich beim Überstrecken des Beins beim Einsacken in Bodenlöcher oder Schneelöcher eine deutlich erweiterte Überstreckung gespürt.

Schwellung

  • Nach dem Riss: Maximum der Schwellung ein Tag nach Riss: richtig, richtig fettes, rundes Knie. Dann kontinuierliches Abklingen. Vollständig abgeschwollen nach ca. drei Wochen.
  • Nach der Kreuzband-OP: Schwellung wesentlich geringer als nach dem Riss. Maximum am Abend nach der OP. Dann wieder kontinuierliches Abklingen. Nach vier Wochen wieder ein normal dimensioniertes Knie.

Streckung & Beugung

  • Wie lange bis zur vollständigen Streckung nach der Kreuzband-OP? – 3 Wochen. 6 Wochen bis zur vollständigen Überstreckung.
  • Wie lange bis zur vollständigen Beugung nach der Kreuzband-OP? – 6 Monate.

Autofahren

  • Autofahren irgendwie möglich 9 Tage nach der Kreuzband-OP. Sinnvoll machbar erst 13 Tage nach OP.

Fahrradfahren

  • Genug Beugung um wieder Fahrradzufahren: 3 Wochen nach der OP bei mir.

Krankmeldung & Arbeitsfähigkeit

  • Wie lange vom Arzt krank geschrieben nach der Kreuzband-OP? – 6 Wochen bei mir.
  • Arbeitsfähigkeit nach der Kreuzband-OP: Nach 1 Woche problemlos stundenlanges, durchgehendes Arbeiten am PC mit entsprechender Beinlagerung möglich. Die meisten, nicht zu harten, körperlichen Arbeiten und Tragen von bis zu 20kg nach 3 Wochen machbar. Für schwere, körperliche Arbeiten vollständig einsatzfähig nach 8 Wochen.

Schlafpositionen

  • Stundenlanges Seitenschlafen ohne Kissen zwischen den Beinen möglich: 6 Wochen nach der Kreuzband-OP.
  • Fuß bleibt beim Schlafen am Rücken auch unbewusst in der vollen Streckung ohne sich „von selbst“ abzuwinkeln: Nach 7 Wochen.

 

Genauere Infos zum Unfall, der Entscheidung zu einer Kreuzband-Operation und wie es mir sonst ergangen ist, hier:

Der Unfall

Ich falle durch eine Dummheit im März 2020 einfach im Stand um, höre ein Schnalzen. Ich denke sofort an einen Bänderriss, spüre aber keinen Schmerz. Ich steh auf, teste den Fuß auf volle Belastung in alle Richtungen. Kein Problem, kein Zwicken, kein Schmerz, keine Instabilitäten. Aber der Schnalzer war für mich eindeutig, da ich schon viele Beschreibungen von Bänderrissen gehört habe. Daheim schwillt es an. So richtig.

Am nächsten Tag beim Hausarzt meines Vertrauens: Lachmann positiv, „Lukas, du brauchst ein neues Kreuzband.“ Am übernächsten Tag MRT und Facharzt. Das klassische Prozedere…

Die Empfehlungen für/wider eine Kreuzband-OP

Mein extrem sportlicher und fitter Hausarzt empfiehlt mir sofort die Kreuzband-OP. Der erste Facharzt meint, wenn ich mich stabil fühle, würde er abwarten und eher nicht operieren. Aber ich glaube, er hat noch nicht mitbekommen, wie viel ich wirklich sportle.

Inzwischen ist Corona zum großen Problem auf der Welt geworden und nicht unbedingt notwendige Operationen dürfen/sollen in Österreich aufgeschoben werden. Ich hake die Skitourensaison im Kopf vorerst ab und schau mir an wie es sich entwickelt.

Das Knie direkt nach dem Riss

12 Tage nach dem Riss: Ich stehe wieder auf Ski. Die coronabedingt leeren Skigebiete eignen sich perfekt für eine kurze, vorsichtige Skitour.

Ich hab fast keine Schmerzen, nur die Schwellung lässt mich das Knie kaum bewegen. Alles ist steif und dick. Ich liege im Bett und werde zum Dr. Google Experten für Kreuzbandrisse.

So geht’s dir vielleicht auch gerade? Dann gute Besserung!

Aber nach wenigen Tagen wird es schnell besser. Die Schwellung klingt ab. Die Schiene von meinem Hausarzt habe ich nie verwendet. Ich fühle mich komplett stabil. Aber der Muskelschwund am Quadrizeps ist immens.

Nach ein paar Tagen kann ich wieder humpelnd meinen Alltag bestreiten.

Jetzt habe ich leichte Schmerzen: Und zwar das linke (gesunde) Knie und die rechte Hüfte. Der humpelnde Gang und die ungleichmäßige Belastung fordern ihren Tribut.

Am Tag 12 nach dem Riss stehe ich wieder auf Ski, zwar noch bewegungseingeschränkt und übervorsichtig aber hey – wieder auf Skitour :) Das hätte ich mir niemals gedacht nach dieser kurzen Zeit!

Die Entscheidung zu einer Kreuzband-OP

Mittlerweile habe ich mit vielen Freunden aus Hobby- und Leistungssport darüber gesprochen. Fast alle Betroffenen (und das sind verdammt viele wie ich draufgekommen bin!) empfehlen aus eigener Erfahrung eine OP – und vor allem danach brav zu sein bis das neue Band sauber eingeheilt ist. Die derzeitige Studienlage zeigt auch, dass man viel wahrscheinlicher mit der Zeit eine Arthrose im Knie bekommt wenn man ohne Kreuzband weiterlebt.

Viele empfehlen mir Dr. Fink (einer der bekanntesten Kreuzbandspezialisten weltweit, ein Promi in der Kreuzbandszene der massenweise weltbekannte Profisportler unterm Messer hat) oder Dr. Hoser in ihrer gemeinsamen Praxis Gelenkpunkt in Innsbruck.

Ich hol mir dadurch eine zweite Meinung bei Dr. Fink. Er meint, es bestehe die Chance ohne Vorderes Kreuzband problemlos zu leben und auch zu sporteln – und im Alter keine Probleme mit dem Knie zu bekommen. Der Großteil der sich nicht operieren lässt – vor allem mit meinem Sportpensum – hat nach einigen Jahren aber einen lädierten Außenmeniskus.

Wenn ich operieren lassen möchte, kann ich mich jederzeit bei ihm melden. Wenn nicht, dann habe ich mit meiner Muskulatur zumindest für einige Jahre wahrscheinlich keine Probleme ohne Vorderes Kreuzband. Eventuell auch für mein ganzes Leben.

Da ich selbst inzwischen einige Studie dazu gelesen habe, ist für mich spätestens jetzt klar, dass ich mir eine Kreuzbandplastik machen lasse. Die Wahrscheinlichkeit zum Bedarf eines künstlichen Kniegelenks in vielen Jahren will ich möglichst gering halten.

Das OP-Risiko ist natürlich da. Aber ich geh sonst in meinem Leben oft viel höhere Risiken ein und fahre oft auch schnell mit dem Auto. Am häufigsten scheint die Infektion im Knie sowie ein Streckdefizit durch einen Zyklops/Arthrofibrose zu sein. Oder ein menschlicher Fehler. Und – unwahrscheinlich aber doch – dass man bei einem solchen Routine-Eingriff während der Narkose sterben könnte. Sich deswegen gegen eine OP zu entscheiden, ist für mich keinen Gedanken wert. Denn eines weiß ich sicher: Ich habe keine Lust auf eine Arthrose im Knie. Ich kenne zu viele Beispiele davon.

Aber es gibt natürlich viele die hier anders denken und jedem, bei dem was schief ging, hilft das natürlich auch nicht weiter.

Die drei Monate zwischen Riss und OP

Fotos vor der OP im Mai und Juni ohne Vorderes Kreuzband im rechten Knie

Vier Wochen nach dem Riss bin ich aber wieder zu 99% einsatzfähig. Nur die Streckung ist noch nicht perfekt und meine Kondition hat nachgelassen. Ich bilde mir ein, dass die Streckung in erster Linie noch durch den Kreuzband-Stummel behindert wird. Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht.

Der Quadrizeps ist stark geschrumpft und das rechte Bein deutlich schwächer als das gesunde. Ich bin komplett stabil, habe nie ein Giving-Way, kann vollgas Skifahren, Laufen, Bergsteigen. Nur wenn ich beim Stapfen im Schnee durch eine harte Schneeschicht durchsacke, spüre ich deutlich eine bis dato unbekannte und unangenehme Überstreckung. Da ist einfach zu viel Spielraum vorhanden der sonst durch das Kreuzband limitiert würde.

Da für mich der Winter alles zählt und ich hochalpin bis weit in die Sommermonate auf Ski stehe, mache ich die Skitourensaison noch fertig. Am 25.06. rücke ich schließlich zu den letzten Schwüngen aus.

Vorbereitungen zur Kreuzband-OP

Den OP-Termin habe ich für den 07.07.2020 fixiert. Mir geht es inzwischen sehr gut. Der Quadrizeps weist vom Volumen wieder 95% der linken Seite auf – drei Monate nach dem Riss. Nur in die Überstreckung komme ich nicht hinein. Ab Anfang Juni gehe ich regelmäßig zum Physiotherapeuten um perfekte Ausgangsbedingungen für die OP zu bekommen.

Nahrungsergänzungsmittel

Ich beschäftige mich mit Nahrungsergänzungsmitteln für die Gelenke. Eigentlich halte ich von solche Sachen gar nichts und esse lieber Obst und Gemüse weil es mir einfach super-gut schmeckt und mir das Geld drum zu schade ist. Aber eine extrem sportliche Freundin mit einer langen Leidensgeschichte hat mit etwas mit Chondroitin und Glucosamin empfohlen.

Ich durchforste das Internet und verschiedene Studien. Fazit: Es hilft wahrscheinlich gar nichts weil die Inhaltsstoffe bereits vor dem Erreichen des Gelenks schon zu Abbauprodukten verstoffwechselt werden. Mehrere, placebo-kontrollierte Studien konnten keinen Nachweis erbringen. Deswegen wurde den Herstellern der Mittel auch diverse Formulierungen und Bilder auf den Verpackungen verboten die sie alle gekonnt umgehen: Entweder durch Zusatz von Vitaminen oder Spurenelementen die nachweislich am Gelenksaufbau beteiligt sind aber deretwegen man das Mittel eigentlich nicht nimmt. Oder mit anderen Formulierungen die indirekt genau die gleichen Botschaften rüberbringen.

Ich lass es mir eine Weile durch den Kopf gehen und entscheide mich trotzdem dafür. Ganz einfach nach dem Motto: Hilft’s nicht, wird’s schon nicht schaden. Und weil die Menschheit schon tausendmal ihre Sichtweise und Lehrmeinung zu Dingen diametral geändert hat. Oder gewisse Untersuchungsmethoden noch nicht erfunden waren, die später einen Nachweis erbringen konnten. Und weil dann wenigstens die Spurenelemente mit Sicherheit in ausreichender Konzentration vorhanden sind die man vor allem zum Aufbau von Knorpel und Bändern braucht.

Ich entscheide mich für ein hochwertiges „Marken“produkt und nehme das Zeug einmal täglich schon einige Wochen vor der OP. Warum eine hochwertige und teure Version der Gelenkskapseln? Weil es in Österreich produziert wird und ich darauf vertraue, dass die Firma die Standards einhält die sie marketingmäßig kundtut.

Letzte Bergtour vor der OP am 06.07.

Welche Sehne?

Das Internet ist mittlerweile voll von Tipps zur Entnahmestelle der Sehne für die Plastik.

Dr. Fink und auch meine Meinung nach dem Studium der Literatur hat in meinem Fall eindeutig zur Quadrizeps-Sehne geraten. Diese wird an der Oberseite der Kniescheibe auf einer Länge von ca. 10cm entnommen. Weil diese Entnahmestelle im Schnitt am wenigsten Probleme macht und man vor allem bei einem ambitionierten Skifahrer besser die Beinstrecker als die Beinbeuger (Hamstrings, Semitendinosus/Gracilis) schwächt.

Die Kreuzband-OP

Ich hab jetzt null Bock, ein zweites Mal ein paar Wochen mit wenig bis gar keiner Beweglichkeit durchzumachen.

Aber nützt halt nichts. Unoperiert will ich es nicht lassen und weiter Aufschieben ist keine Lösung.

Am 07. Juli muss ich morgens in der Klinik sein. Am Vortag geb ich mir sportlich noch einmal die Voll-Granate: Ich laufe 1300 Höhenmeter im vollen Tempo vom Gipfel bis zur nach Hause hinunter um der Muskulatur noch einen massiven Reiz zu geben damit der starke Abbau erst nach ein paar Tagen nach der OP eintritt. Daheim sind meine Oberschenkel blauer als blau.

Die OP verläuft problemlos. Meine erste Narkose vertrage ich super. Es ist einfach, als ob man einschlafen und wieder aufwachen würde. Mit einem feinen Unterschied: Nach richtigem Schlaf wacht man morgens auf und weiß, dass man die vergangene Zeit im Schlaf verbracht hat und kann meist ganz gut abschätzen, wie lange man geschlafen hat – ohne auf die Uhr zu schauen. Nach einer Vollnarkose wacht man auf und es fühlt sich an, als ob es die Zeit der Narkose im Leben einfach nicht gegeben hätte. Wie lang ich narkotisiert war, hätte ich beim besten Willen nicht abschätzen können: Keine Ahnung ob zehn Minuten oder zehn Jahre.

Mir ist nicht schlecht, ich hab kein Kratzen im Hals und kann sofort danach mit den Krücken selbst aufs Klo gehen. Nur zwei Tage danach hatte ich Konzentrationsprobleme: Einen Artikel in der Tageszeitung in einem Zug durchzulesen, ist mir sehr schwer gefallen.

Die zwei Tage unter Überwachung in der Klinik gehen schnell vorbei. Nur die erste Phase mit super-stabilem Wetter in diesem Sommer lässt mich sehnsuchtsvoll aus dem Fenster auf die Berge rund um Innsbruck blicken. Wie lange es wohl dauern wird, bis ich wieder hinaufkomme?

Ich habe keine Schmerzen. Die Beugung ist sofort bei 90°, die Streckung ist frei. Am Tag nach der OP drehe ich mit Krücken und Schiene stundenlang Runden im Flur der Station.

Reha – die erste Zeit zuhause

Stundenlang lesen und PC arbeiten. Der Alltag in den Tagen nach der OP.

Daheim lass ich die Schiene anfangs widerwillig aber brav an. Einen Riss der Plastik will ich nicht riskieren. Ich bin aber täglich wohl zu viel mit den Krücken unterwegs – wenn es auch nur ein paar hundert Meter sind die ich zurücklege. Danach schwillt es etwas stärker an.

Ich lese und telefoniere viel. In den ersten zwei Wochen will jeder wissen wie es mir geht – echt lästig. Ist ja nur Routineeingriff und keine Organtransplantation. Drei Wochen später hat man von fast niemandem mehr etwas gehört.

Der Verlauf vom Kreuzbandriss bis zur vollständigen Genesung im Detail

07.07. OP, Kreuzbandplastik mit Quadrizepssehne

Woche 1

09.07. Daheim

10.07. Keine Schmerzmittel mehr. Ich hab einfach keine Schmerzen. Nur die Bohrkanäle pochen wenn ich aufstehe und der Blutdruck steigt.

Woche 2

14.07. Erste Physiotherapie. Ich muss gefahren werden, Autofahren geht einfach noch nicht.

15.07. – Ich probier ein paar Schritte ohne Krücken und ohne Schiene. Offiziell soll ich zwei Wochen mit Krücken und Schiene verbringen. Aber ich spüre, dass das noch nicht zweckdienlich ist. – Ich kann den ausgestreckten Fuß wieder mit Mühe anheben.

16.07. Ich fahre wieder mit dem Auto und nehme dazu die Schiene ab. Die Versicherung würde wohl aussteigen wenn etwas passiert. Es geht mehr schlecht als recht. Drei Tage später geht’s problemlos.

18.07. Letzte Thrombosespritze

19.07. – Das Knie macht gar keine Probleme. Nur die Entnahmestelle der Sehne zieht häufig, vor allem wenn ich mich viel bewege. – Erstmals längere Runde durch das Dorf und Waldweg mit Krücken. – Der Quadrizeps schaut schon wieder gefühlt aus wie der einer untrainierten, mageren Frau.

20.07. Nahtentfernung und Röntgen. Alles tiptop. Wunden schauen super aus. Ich darf ab heute offiziell ohne Krücken und Schiene unterwegs sein. Vollbelastung offiziell erreicht. Ich bin selbst mit dem Auto hingefahren. Ich darf im Flachen Radfahren sobald es die Beugung zulässt und Bergaufgehen so viel ich möchte – solange es nicht schmerzt oder danach anschwillt.

Woche 3

21.07. Ich hab es mit den Übungen gestern übertrieben die mir der Physio gegeben hat. Knie leicht angeschwollen und warm. Heute auch Therapie: Beugung bei 105°, ab 110° kann man Radfahren.

22.07. Gewaltige Verbesserung von gestern auf heute. Beugung 110°. Narben schauen gut aus. Streckung ok. Überstreckung aktiv noch nicht möglich.

23.07. (16 Tage nach OP): Ich steige erstmals 400 Höhenmeter und 2 Kilometer auf. Die Entnahmestelle zieht. Aber nichts schmerzt.

25.07. – 900 Höhenmeter Aufstieg, 6 Kilometer, 2x zur Liftbergstation hinauf, hinunter per Gondel. Entnahmestelle zieht. Knie problemlos. Koordination stark verbesserungswürdig. – Am Abend gehe ich erstmals wieder in den Stall: Melken, Ausmisten, Füttern. Alles machbar. Ich bin halt langsam.

26.07. (Tag 19) Ich fahre mit dem Rad. Aber weil es bei mir zuhause keine ebene Fläche gibt, geht es 300 Höhenmeter bergauf. Das Knie ist danach zwei Tage geschwollen und steif. Selber schuld, Physio und Doc haben gesagt, nur im Flachen. Aber Hometrainer hasse ich.

Woche 4

28.07. Der Physio hebt mir die mit dem Untergewebe verklebten Hautnarben ab. Das erste Mal und schlussendlich einzige Mal während meiner ganzen Kreuzbandgeschichte dass ich richtige Schmerzen spüre. Der Therapeut ist auch nicht mehr so sanft wie bei den ersten Malen nach der OP. Inzwischen gibt er wieder richtig Gas.

29.07. Gangbild schaut langsam wieder halbwegs normals aus. Bergab noch komplett behindert.

30.07. – 900Hm/6km, 2x Liftstation. Koordination wird besser. – Das Ziehen in der Entnahmestelle ist weg. – Bergaufgehen ist fast wie vor der OP, nur dass das rechte Bein viel schwächer ist als das linke. Ich hab beschlossen, dass ich nur mehr „Liftbergsteigen“ gehe anstatt zu Radln. Hometrainerfahren mag ich sowieso nicht und das Rad mit dem Auto ins Inntal hinaus befördern dass ich in ein flaches Gelände komme, ist mir zu blöd. – Heute auch erstmals richtiges Krafttraining in der Therapie.

31.07. 500Hm/5km

01.08. (3 Wochen und 4 Tage nach OP)  Valluga am Arlberg. 1500 Höhenmeter Aufstieg und 9,5km.

Juhu! 3 1/2 Wochen nach OP erstmals wieder eine weitere Bergtour im Aufstieg.

Oben gibt es mit Klammern und Stahlseil versicherte Stellen wo man weite Schritte machen muss. Alles problemlos. Nur die einzelnen Schritte die man bergabgehen muss, schauen immer noch komplett behindert aus.

02.08. Entgegen meiner Erwartungen kein Einfluss von gestern spürbar. Darum wieder 450 Höhenmeter/3km. Koordination und Schrittlänge wird immer besser.

Ab jetzt bin ich fast täglich wieder sportlich aktiv. Immer im Aufstieg und mit der Gondel runter. Deswegen liste ich nur mehr besondere Ereignisse auf.

Woche 5

05.08. (4 Wochen und 1 Tag) Erste Skitour nach OP. Auf den Gletschern gibt es einen halben Meter Neuschnee. Durch die kühle erste Sommerhälfte hat sich auch einiges an Altschnee gehalten. Darum beschließen Flex und ich eine Skitour zu gehen. Wir fahren zum Stubaier Gletscher, mit der Gondel bis zum Eisgrat. Von dort steigen wir mit Ski vier Mal bis zum Schaufeljoch auf (1160 Höhenmeter Aufstieg gesamt). Da ich nicht Skifahren darf, muss ich wieder mit der Gondel runter. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Drehbewegungen in der Abfahrt Gift für das neue VKZB sind. Flex lässt es dafür anständig stauben während ich ihn von der Gondel aus fotografiere.

05.08. Erste Skitour 4 Wochen und 1 Tag nach der OP.

Flex genießt den frischen Pulverschnee bei seiner zweiten Abfahrt während ich ihn von der Gondel aus fotografiere.
Juhuuu :) Ski, Schnee und kühle Temperaturen im August. Relativ kurz nach einer Kreuzband-OP

06.08. Ich spüre nichts von der Skitour gestern. Ich probiere kurz ob Laufen wieder funktioniert. Es geht, wenn auch nicht perfekt.

07.08. Ich bin heute aufs Hoadl in der Axamer Lizum auf Anschlag aufgestiegen. 53′ für 780 Höhenmeter. Ich bin mehr als zufrieden, wenn auch meine Bestzeit in weiter Ferne liegt. Am nächsten Tag fühlt sich das Knie zäh an.

Woche 6

12.08. – Der Physio meint, er habe schon viele Kreuzbandrisse therapiert, aber einen so schnellen Muskelaufbau im Oberschenkel hat er noch nie beobachtet. – Die Streckung ist komplett frei, die Beugung macht auch täglich Fortschritte. Überstrecken geht inzwischen aus eigener Kraft bis auf Niveau des gesunden Beins. – Bergab kann ich mittlerweile konzentriert so gehen, dass man nicht mehr sieht, dass ich behindert bin.

17.08. (5 Wochen & 6 Tage nach OP) Zweiter Kontrolltermin beim Arzt: Das Knie ist vollkommen ergussfrei und abgeschwollen, Lachmann negativ. Laut Dr. Fink schaut es extrem gut aus. Ich darf wieder bergabgehen! Wahnsinn! Anfangs wurde mir gesagt, ich dürfte ein halbes Jahr nicht bergabgehen. Trotzdem wichtig: Kein Skifahren, kein Fußball, keine sonstigen Sportarten mit schnellem Richtungswechsel. Das lässt sich einrichten. Und falls es wieder einmal viel schneien sollte, mit Ski aufsteigen darf ich ja solang ich mit der Gondel runterfahre :)

Juhu, endlich wieder die Bewegung, die die Oberschenkel exzentrisch trainiert!

Woche 7

18.08. Wir sind mit dem zweiten Schnitt der Heuernte beschäftigt. Ich kann problemlos in Steilhängen mit dem schweren Motormäher arbeiten.

20.08. Erste Bergtour mit selbstständigem Abstieg: Ein Sonnenuntergang am Neunerkogel.

20.08. Erste Bergtour mit 300 Höhenmeter im Abstieg. Ich bin für meine Verhältnisse extrem langsam und sehr bedacht auf jeden einzelnen Schritt. Bergab sieht man meine Behinderung noch gut. Wenn man bedenkt, dass ich vor zwei Wochen mehr schlecht als recht über die Stiege runtergekommen bin, bin ich meeeeeeeehr als zufrieden damit.

Am 21.08. geht es gleich mit einer Sonnenaufgangstour samt Gleitschirmflug weiter.

21.08. Erster Gleitschirmflug

Offiziell darf ich nicht Fliegen, aber das Risiko zum Paragleiten geh ich ein. Ich nehme aber die Schiene wieder mit und zieh sie für den Flug an.

21.08. Blick aus der Luft in die Heimat mit Schiene für Start und Landung.

22.08. Bergtour mit 920 Höhenmeter im Abstieg auf einem sehr steilen Steig. Problemlos machbar. Aber saumäßiger Muskelkater danach! Muskelkater in den Oberschenkeln hatte ich wohl zehn Jahre nicht mehr.

Woche 8

23.08. – 03.09. Wir hatten viel Arbeit in der Landwirtschaft, ich hatte einfach keine Zeit für Sport oder Übungen vom Physio. Der Therapeut und ich sind uns einig: Das war auch mal gut fürs Knie…

Woche 9

04.09. Ich kann wieder normal Laufen & Springen. Der Physio meint, ich bin ca. drei Wochen mit dem Heilungsverlauf voraus. Bergabgehen schaut immer noch abgehackt aus wenn ich mich nicht stark auf einen normalen Gang konzentriere. Wenn ich bewusst normal bergabgehen probiere, bekomme ich beim stark abgewinkelten Bein – kurz bevor der Fuß des gesunden Beines am Boden aufsetzt – immer einen Stich auf der Hinterseite der Patella. Das sei ganz normal, sagt der Physio. Retropatellarer Schmerz weil die Kniescheibe noch nicht so läuft wie sie soll. Die Beugung ist fast so weit, dass ich den Quadrizeps wieder dehnen kann. Juhu!

Woche 10

10.09. Ich bin in den letzten Tagen täglich zwischen 1000 – 1600 Höhenmeter aufgestiegen und wieder hinuntergegangen. Einmal sogar mit über 20 Kilometern an Strecke. Im Flachen und wenn es nur leicht bergab geht, laufe ich inzwischen wieder fast alles.

Bei großen Schritten bergab sieht man immer noch, dass es nicht ganz rund läuft. Das gesunde Knie ist nach jeder Tour mit steilem Abstieg beleidigt. Am nächsten Tag bin ich aber immer wieder vollständig einsatzfähig.

15.09. Ich hab in den letzten die Gletschervermessungen bei uns für den Alpenverein durchgeführt. Also auch wieder hochalpin unterwegs. Das Stechen beim Bergabgehen hinter der Patella ist wieder weg und der Herbst hält in den Bergen Einzug.

 

Woche 11 + 12

28.09.2020

Am 26.09. gibt es den stärksten Septemberschneefall bis in die Täler seit vielen Jahr(zehnt?)en. Der Schnee bleibt sogar auf 2000m über fünf Tage liegen! Normalerweise ist er allerspätestens am dritten Tag auf dieser Höhe im September wieder weggeschmolzen.

Auf 1500m hat es 35cm geschneit. Ich hole die Schiene wieder heraus und gehe am 27.09. und 28.09. eine Skitour mit Abfahrt. Eigentlich sollte man mir eine Ohrfeige austeilen – genau in dem Zeitraum, in dem das neue Kreuzband womöglich am schwächsten in seiner Umwandlungsphase ist, ist das einfach nur dumm. Eine rein emotionale, keine rationale Entscheidung war das.

Ich habe eine Grafik herausgekramt, die in diesem Zeitraum von einer Reißfestigkeit von 500 Newton ausgeht. Direkt nach der OP liegt sie anscheinend bei ca. 2000N.

Nochmals: Ich empfehle so etwas ausdrücklich niemandem in den ersten Monaten der Kreuzbandplastik!

Die Schwünge und die Stimmung waren trotzdem schön…

27.09.2020

 

28.09.2020 in der Heimat
28.09.2020
28.09.2020
28.09.2020
28.09.2020

05.10. Ziemlich genau drei Monate ist die OP her. Meine dritte Kontrolle bei Dr. Fink. Alles schaut perfekt aus. Schubladentest negativ. Er empfiehlt mir einbeiniges Krafttraining. Ich merke im Alltag auch schon stark, wie ich unbewusst viele Bewegungen und die Hauptbelastung auf das gesunde Bein verschoben habe.

4. Monat

07.10. Auf Hinweis und Anfrage von Gelenkpunkt/Dr. Fink nehme ich an einer einjährigen Studie zur muskulären Entwicklung und Kraftentwicklung im Oberschenkel nach einer Kreuzbandplastik teil. Dazu habe ich die erste Kraftmessung der Oberschenkelstrecker und -beuger. Am gesunden Bein komme ich auf 256 Nm in der Streckung und 106 Nm in der Beugung. Am operierten Bein auf 171 Nm in der Streckung und 111 Nm in der Beugung.

Der Quadrizeps am operierten Bein ist also nicht nur deutlich kleiner, auch die Kraft die er aufbringen kann, ist im Vergleich zum linken Oberschenkel deutlich geringer.

18.10. Ein Video das den derzeitigen Stand der Oberschenkelmuskulatur zeigt. Der Quadrizeps kommt langsam zurück.

 

21.10. Letzte Therapie. Zusammengefasst: Therapeut und ich sind überaus zufrieden über den derzeitigen Stand.

Oktober 2020: Nach den starken Septemberschneefällen gab es auch im Oktober öfters sehr viel Neuschnee auf den Bergen. In den Gletscherskigebieten aber auch den hoch gelegenen Skigebieten ohne Gletscher kann man super mit Ski unterwegs sein. Ich war bereits mehrmals auf Skitour mit bis zu 1800 Höhenmetern im Aufstieg. Abfahrt immer mit Schiene und nur bei gutem Schnee. Sonst fahr ich immer mit der Gondel runter.

Noch einmal: Bitte nicht um Nachahmung! Meine Kreuzbandplastik ist erst vor gut drei Monaten gemacht worden. Je nach Arzt soll man 6 – 9 Monate nach der OP nicht Skifahren – das ist reine Dummheit!

08.10.2020 Stubai
08.10.2020 Stubai
18.10.2020 Stubai
18.10.2020 Stubai
20.10.2020 Timmelsjochstraße
21.10.2020 Hochgurgl
27.10.2020

 

25.10. Südseitig ist der Schnee wieder weitgehend geschmolzen. Ich gehe eine ziemlich weite Bergtour. Das „Abbremsen“ am rechten Oberschenkel beim Bergabgehen ist viel besser geworden seit meiner letzten Bergtour Mitte September, aber ich spüre trotzdem wieder das gesunde Knie danach.

 

25.10.2020 Die goldenen Lärchen im Herbst mit Blick auf mein Zuhause
25.10.2020 Blick nach Innsbruck

 

5. Monat

Ständig unterwegs. Der November ist geprägt von stabilem Hochdruck bei wenig Neuschnee. Sonnseitig schmilzt die Schneedecke wieder großteils ab. Schattseitig kann man auf harter Schneeoberfläche Skitouren unternehmen. Ich wechsle mehrmals wöchentlich zwischen einer Skitour schattseitig und Gleitschirmfliegen auf Südhängen ab.

Hinter der Patella zwickts regelmäßig und das gesunde Knie tut mir nach dem Sporteln immer wieder mal weh. Ich trainiere dadurch gezielt das Abbremsende am rechten Oberschenkel, v.a. den Vastus.

Die Beugung wird kontinuierlich besser. Sie ist zwar immer noch nicht gleich wie am gesunden Knie, aber der Unterschied wird mit jedem Tag noch kleiner.

6. Monat

Bei mir zuhause gibt es Anfang Dezember innerhalb von zwei Tagen mit 125 Zentimetern so viel Neuschnee wie seit 110 Jahren nicht mehr in so kurzer Zeit. Die Skitourenbedingungen sind dadurch oft ideal. Ab Mitte Dezember fahre ich wieder ohne Schiene Ski. Der letzte Rest der „Abnormalität“ ist damit Geschichte.

Ich bin dauernd und viel sportlich unterwegs. Ich achte noch darauf, dass die Touren nicht allzu lang sind und bleibe bei maximal 2.000 Aufstiegshöhenmetern. Das Risiko einer ungewollten Bewegung/Verdrehung durch muskuläre Übermüdung gehe ich noch nicht ein.

Mein Quadrizeps hat sein altes Niveau noch nicht erreicht, aber jetzt geht der Aufbau um einiges schneller als in den ersten Wochen unter Bewegung. Wenn es so weitergeht, dürfte er spätestens neun Monate nach der OP wieder so sein wie der gesunde Oberschenkel.

Die Beugung ist ziemlich genau sechs Monate nach der OP wieder normal. Ich kann das operierte Knie wieder vollständig bewegen wie das andere.

Am 07.01.2021 sind exakt sechs Monate seit meiner OP vergangen. Ab jetzt darf ich wieder offiziell alles sportlich machen. Mitte Dezember hatte ich die letzte Kontrolle bei Dr. Fink. Alles ist perfekt, er schmunzelt und meint: „Sechs Monate keine Skitouren, kein Skifahren, kein Gleitschirmfliegen ist eigentlich schon die unterste Grenze die man als Arzt geben kann, besser wäre noch länger. Ich möchte gar nicht wissen, wie lang du schon auf Ski unterwegs bist!“ Dem kann ich nur hinzufügen: Es war sicher viel Glück dabei, dass meine Kreuzbandplastik den wenig braven Verzicht auf Sport so früh ausgehalten hat.

Am 31.12.2020 mache ich erstmals wieder eine extralange Skitour: Den Fotscher Express. In exakt acht Stunden bewegen mein Freund Markus und ich unsere Ärsche und unsere Ski über vier Gipfel, 38km und 3.500 Aufstiegshöhenmeter. Zum Vergleich: Ein Anfänger schafft meist noch bis 800 Höhenmeter, ein geübter Skitourengeher 1.200 Höhenmeter und für die meisten, ambitionierten Skitourengeher ist spätestens bei 1.600 – 1.800 Höhenmetern am Stück im Aufstieg Schluss.

Konditionell bin ich nach diesem schwachen Sportjahr natürlich noch nicht auf Normalniveau, aber ich hab die lange Tour trotzdem problemlos weggesteckt. Das Ziehen hinter der Kniescheibe nach dem Sport und nach dem Skifahren ist inzwischen auch verschwunden und ich kann nach dem verspäteten Mittagessen ganz normal daheim im Stall noch körperlich arbeiten ohne irgendetwas zu spüren. Ich fühle mich wieder fast gleich wie vor dem Riss.

Jetzt tauche ich wieder voll in den intensiven Sport ein – damit ich im Laufe des Jahres 2021 auch konditionell und muskulär wieder mein Normalniveau erreiche.

05.02.2021 Zweite Kraftmessung für die einjährigen Studie nach der OP zur muskulären Entwicklung im Oberschenkel nach der Kreuzbandplastik. Am gesunden Bein komme ich auf 250 Nm in der Streckung und 125 Nm in der Beugung. Am operierten Bein auf 247 Nm in der Streckung und 123 Nm in der Beugung. Die Beine sind also wieder defacto gleich stark – sieben Monate nach der OP. Und das nur mit exzessivem Ausdauersport, ohne Kraftsport oder Übungen. Lustigerweise ist die Muskelmasse am operierten Bein aber noch deutlich unter der des anderen, aber sie wird nach wie vor langsam aber stetig mehr.

Damit stelle ich die Berichterstattung zu meinem Verlauf ein. Nach den Fotos vom Dezember gibt es noch eine kurze Schlussbetrachtung :)

07.12.2020 bei mir vorm Haus
Es schneite ununterbrochen mit einer teils gewitterregenartigen Intensität.
Foto vom 06.12.2020. Vor dem 04.12. lag hier kein Schnee!

Freund Flex zeigt die Schneemengen im Dezember 2020
Dezember 2020
Dezember 2020
Dezember 2020
Fotscher Express, 31.12.2020
Fotscher Express, 31.12.2020
Am letzten Gipfel nach 38 Kilometern und 3.500 Aufstiegshöhenmetern am Fotscher Express, 31.12.2020. Knappe sechs Monate nach meiner Kreuzband-OP.

Schlussbetrachtung

Ein Kreuzbandriss ist eine Horrordiagnose für einen sportlichen Menschen…

Natürlich gibt es tausendfach wildere Verletzungen, Krankheitsdiagnosen oder Schicksalsschläge – aber von den „Kleinigkeiten“ ist der Kreuzbandriss wohl eine der schlimmeren. Zwei Monate nach einem Knochenbruch ist man beispielsweise wieder uneingeschränkt einsatzfähig. Bei einem Kreuzbandriss zieht sich das Ganze bis zu einem Jahr.

Mein Verlauf liegt bis jetzt nahe am Optimum wie sich die Geschichte abspielen könnte. Ich hatte aber auch einige Vorteile auf meiner Seite: Mein Alter, die hohe Bewegungsaffinität (Sitzen ist schließlich das neue Rauchen!), eine ausgewogene Ernährung, kein Alkohol, ein körperliche Konstitution die im Verhältnis zum Normalverbraucher mehr einem Hochleistungssportler ähnelt, Nichtraucher, das am besten erschlossene Gebirge der Welt vor der Haustür. Einen isolierten Kreuzbandriss ohne wirklich relevante Begleitverletzungen. Einen extrem erfahrenen und renommierten Operateur der selbst ambitioniert sportelt – samt seinem eingespielten Team. Einen versierten und menschlich tollen Physiotherapeuten von meiner Wellenlänge. Wahrscheinlich war es auch eine günstige Fügung durch das Coronavirus, erst drei Monate nach dem Riss zu operieren, nicht unmittelbar nach dem Unfall.

Vor allem aber den Willen, die Überzeugung und die positive Einstellung wieder das Niveau vor der Verletzung zu erreichen. Und natürlich auch viel Glück.

Die beste Verletzung ist nichts wert. Auch ein Kreuzbandriss kostet viel Zeit, Geld und Nerven. Aber die Erfahrung macht einen unendlich reicher und lässt dich das Leben noch mehr schätzen.

Ich wünsche jedem Kreuzbandlädierten einen guten Heilungsverlauf und auch viele „positive“ Erfahrungen mit seiner Verletzung. Come back stronger!

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